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Le dernier souffle by Rebeka International

Sonja Gangl
Die Repräsentation markttechnischer und werbeästhetischer Fragen in der bildenden Kunst stützt sich auf eine Fülle von ökonomischen Modellen, deren Praxen in kritischer Weise unterlaufen, konterkariert oder auch in ihrer Gesamtheit in die künstlerische Arbeit überführt werden können. Bei letzterem dienen die fotografischen Appropriationsmechanismen der Werbung oftmals als Ausgangspunkt, um produktähnliche Marketingstrategien zu assimilieren und diese ins künstlerische Feld zu übertragen. Die Frage nach der Authentizität des Produktes korreliert mit der Frage nach der Authentizität des fotografischen Abbildes, dessen Funktion als Signifikant einer spezifischen Form von Wirklichkeit mit der Frage nach der eigentlichen Erfahrbarmachung von Realität verbunden ist. Gleichzeitig trifft das suggestive Moment der Werbung auf das subjektive und damit realitätssuggerierende Moment der Kunst.

Seit 1996 arbeitet die österreichische Künstlerin Sonja Gangl an dem Projekt REBEKA International, das als Label in Kombination mit einer Reihe von Produkten auftaucht und diese in einen werbe- und marktorientierten Zusammenhang stellt. Der Name des Labels evoziert Gedanken an eine Person, deren Identität jedoch im Verborgenen liegt. Den Anfangsbuchstaben des Namens verwendet Gangl in eingekreister Version als Logo ihrer Marke, das in seiner visuellen Erscheinungsform dem internationalen Symbol für Trademark ähnelt. Durch die Austauschbarkeit dieses Symbols entlarvt Gangl den Prozess der Aneignung einer spezifischen Identität, die KäuferInnen bestimmter Marken sich mit dem Erwerb des Objekt ihrer Begierde zu eigen machen glauben. Als ® subsumiert Gangls Logo die Ikonographie einer label-orientierten Bild- und Zeichensprache, die Ansätze zur Konstruktion einer persönlichen Wirklichkeit zu liefern versucht.

Neben Produkten wie Unterwäsche oder temporären Tattoos widmet sich Gangl in ihrem jüngsten Projekt der Entwicklung des REBEKA Parfums Le dernier souffle, dessen Titel Assoziationen an ein französisches Krimi- und/oder Filmszenario wachrufen lässt. Die Annäherung an das Ausstellungsdisplay bestätigt diesen Eindruck, wenn vier großformatige Fotoarrangements urbane Szenen mit Close-ups von roten REBEKA Logospuren ins Blickfeld rücken. Das Logo als blut- und farbedurchdrängtes Metallelement leitet BetrachterInnen durch die Bildstrecken, ohne jedoch die im Bildraum verortet geglaubten olfaktorischen Momente preiszugeben.

Mit Le dernier souffle begibt sich die Künstlerin auf die Spurensuche nach einem Produkt bzw. damit in Verbindung gebrachten Subjekt, das sich lediglich durch seinen Duft zu erkennen gibt. Die Suche nach Täter oder Opfer – die fotografische Verfolgungsjagd lässt diese Frage offen – führt schließlich zu einer Spiegelinstallation, in der der Hauch des Parfums bzw. Subjekts im Spiegelfeld sowie ein leeres, virenähnliches Flacon, das REBEKA Logo und ein Schriftzug zu sehen sind. Das Spiegelstadium als zentrales Moment in der Lacanschen Selbsterkennung führt auch bei Gangl zu einer Synthese aus der symbolischen Definitionsmacht der Objekte und der Spiegelung des Selbst sowie seiner Wiederfindung in der Gestalt des Anderen. Gangls ephemer eingeführtes Duftobjekt, das als eigentliches Produkt jedoch nicht zu erfahren ist, dient der Reflexion des Anderen, dessen Präsenz und gleichzeitige Nicht-Präsenz die eigene Identitäts- bzw. Subjektwerdung unterstützt.

"Le dernier souffle_01 - _04 by REBEKA INTERNATIONAL", 2005
Colorprint/Alucobond
je 200 x 131 cm