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AEQUILIBRATION II

Julie Hayward



Einladung zur Ausstellungseröffnung / Opening
am Dienstag, den 31.03.2009, 19-21 Uhr / Tuesday, March 31, 7-9 pm
Ausstellungsdauer bis 30.04.2009 / Duration Until April 30

Einführung: Mag. Eva Maria Stadler / Introduction: Eva Maria Stadler
Zur Ausstellung erscheint ein Folder. Text: Lucas Gehrmann. Publication of a Folder with a Text by Lucas Gehrmann.

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Äquilibration bezeichnet allgemein die Aufhebung des inneren Spannungszustandes eines Organismus oder eines Systems auf seine Umwelt durch diesen selbst. Diese Selbst- regulation wird erreicht durch Organisation (Koordination) und/oder Adaptation (Anpassung) bzw. Assimilation und Akkommodation. (Nach Wikipedia) Julie Hayward versammelt („organisiert“) in ihrer Ausstellung im Projektraum Viktor Bucher skulpturale Objekte, Fotografien und Zeichnungen, die mit jeweils unterschiedlichen psychischen wie auch physischen Verfasstheiten und Zuständen assoziiert werden können.
Ihre groß dimensionierten Objekte, deren Formen und Oberflächen biomorphe mit technoiden Strukturen vereinen, haben bisweilen selbst ambivalente „Charaktere“. So schwebt etwa Pounding Flow eher träge im Raum, während seine an Schutz- schilde und Schaufeln erinnernden Hauptteile zugleich abwehrend bis bedrohlich wirken. Die mehrteilige Skulptur Aequilibration lässt einerseits an eine wirbelsäulenartige und damit tragende Struktur denken, andererseits wird sie durch ihre virtuell rotierenden Einzelteile in höchste Labilität versetzt. „Innere Spannungszustände“ also scheinen diese Gebilde zu beseelen, die sich in Relation zu ihrer äußeren Geschlossenheit auf eine ihre BetrachterInnen mehrfach irritierende Weise artikulieren: Haywards plastische Formulierungen suggerieren nicht zuletzt aufgrund der hohen Perfektion und Präzision ihrer (technischen und gestalterischen) Ausführung eine„ Wahrhaftigkeit“, die ihnen das Potenzial realer, wenn auch bislang nicht bekannter bzw. so nicht gesehener Existenz verleiht. Als kognitiv herangehende BetrachterInnen werden wir daher eher an unserem eigenen Wissen von Welt zweifeln, statt die Objekte unvermittelt in den Bereich des rein Phantastischen „abschieben“ zu können. Aber auch wenn wir uns ihnen stärker emotional nähern, werden wir feststellen: wir kennen sie (so) nicht, doch sie sind uns nicht unbekannt. Nicht in der äußeren, „realen“ Welt finden wir ihre Verwandten, sondern in der Welt unserer Träume, des Unterbewusstseins . „Die Abgründigkeit, die sich in Haywards Skulpturen auftut, wird in Freudscher Manier mit einer psychischen Parallelwelt gleich- geschaltet, in der das Unheimliche mit Gefühlen des Alltags gekoppelt wird und sich humorvoll in einer künstlerisch verhandelten Formensprache wiederfindet“, schreibt Walter Seidl. Es ließe sich auch sagen: Julie Hayward bringt zwei Sprachen zusammen, die sich in unserer Zivilisation in einem (ungerechtfertigten) Ungleichgewicht befinden: die rationalistische Logik (als das dominante, weil allgemein erlernbare System zur „Beschreibung“ von Welt) und die (nicht determinierte) Logik des poetischen, kreativen, emotionalen Denkens. Letzteres ist auch die Basis der Haywardschen Formfindungen: ihre Zeichnungen, von denen eine Auswahl der Umsetzung in dreidimensionale Objekte dient, entstehen in einer Art psychischem Automatismus–, wodurch, wie Jean Starobinsky schreibt, „das Hervortreten des Gedankens im ursprünglichen Zustand ermöglicht“ wird. „Aequilibration“ als Ausstellungstitel beschreibt so gesehen das Ideal der Ausgewogenheit von Gegensätzen, die nur als solche verhandelt werden. Die „Sprache der Kunst“ zeigt auf, dass scheinbar Widersprüchliches vereinbar ist, oder richtiger vielleicht: im Grunde vereint ist.
Lucas Gehrmann


The question as to the role sculpture plays in contemporary visual arts is closely linked to the question of how it relates,as an installation, to the surrounding space. Environments as integral models that bring forth an artistic statement and generate meaning serve to call into question current life situations and their manifestations in culture. Julie Hayward’s sculptures address the function of environments, focusing on elements within a domestic context and the deconstruction of their three-dimensionality. On a psychological level Hayward explores the idea of “feeling at home“, focusing on the desires and illusions underlying this social construct. On closer scrutiny, the seemingly familiar objects confront the beholder with something that is apparently unsettling and evokes a sense of anxiety. But this reaction could from one moment to the next shift to the level of humor. A state of fear that can become all-pervasive but essentially is difficult to pin down and thus recalls Freud’s theory of the uncanny – here something frightening emerges because of long-familiar experiences stored in the subconscious.Hayward’s objects are reminiscent of elements of a domestic setting, cradles, chandeliers or legs of children but their effects are much more far- reaching and not just oriented at the reality of a certain aspect of everyday life. The question that can be posed with reference to the history of the media: How objectively can objects be designed in a world in which reality and objectivity are simulated by means of the media and ultimately refer only to construed aspects of reality to which we must keep a critical distance. The unfathomable character of Hayward’s sculptures switches, in Freudian style, to a parallel level of the psyche on which the uncanny is linked to everyday feelings only to reappear in a humorous way in an artistic formal idiom. The ethereality of the space corresponds to the seeming ethereality of the objects. As a result of the combinations of various materials and the skillful execution, Hayward’s objects that are sometimes suspended in space resemble cosmonautic or utopian formations. Amorphous formations whose three- dimensionality begins to fill the space, reveal a hard outer shell, which is sometimes lined with synthetic leather or with materials resembling orthopedic supports. The inner core of these objects often reveals a lining of plush. By the same token, color nuances recalling the skin color of orthopedic supports alternate with the black so that there is a positive-negative effect referring to the psychological depths of what is being displayed.  Walter Seidl

Ausstellungsansicht.