Fabio Zolly
FABIO
ZOLLY
Rendezvous
mit der Realität Vol. 2
Ausstellungseröffnung am Dienstag, den 03.05.2016, 19:00 – 22:00 Uhr
Ausstellungsdauer:
04.05.-28.05.2016
Öffnungszeiten:
Di-Fr 14-19 Uhr, Sa 11-15 Uhr
Eröffung:
Dr. Lucas Gehrmann
projektraum
viktor bucher
a-1020
wien, praterstrasse 13/1/2
t/f
+43 (0)1 212 693 0
projektraum@sil.at
www.projektraum.at
wein by
cafe engländer
"Selbstportrait“,
2015. 3-D-Druck.
Hergestellt
von VirtuMake, www.virtumake.com
Eine
„beunruhigende Dimension“ lauert unter allen Oberflächen jener Teile der Welt,
die Fabio Zolly nur simpel zu untersuchen scheint. Er macht das mal per Video,
mal per (Wegwerf-)Kamera oder mittels spezieller Apparate wie der Röntgen- oder
Wärmebildkamera. Pro stets seriell angestellter „Untersuchung“ bedient er sich
immer einer speziellen Aufnahmetechnik, wodurch seine Aufzeichnungen von Teilen
der Welt einerseits mehrfach eingegrenzt (ein Sujet/Thema, eine
Aufnahmetechnik, ein Fokus …) und andererseits mehrfach aufgefächert sind
(mehrere Objekte/Szenen, verschiedene Blickwinkel …). Ein maßgeblicher Teil der
Kunst des Fabio Zolly besteht in der Gewinnung je unterschiedlicher,
gegensätzlich bis paradox wirkender Essenzen aus Welt-Extrakten, welche er den
technischen Aufzeichnungen derselben in wohl abgestimmten Dosierungen
injiziert. So schimmern sie durch deren Oberflächen mit dem („beunruhigenden“)
Potential des Aufbrechens gewohnter Grenzen zwischen Objektivität und
Subjektivität, zwischen Einst und Jetzt, Hier und Dort, Sein und Schein …
Begonnen
hat alles ganz „analog“: Fabio Zolly sammelte Schachtabdeckungen, gemeinhin
Kanaldeckel genannt. Überall auf seinen Reisen fand er sie variantenreich ihm
zu Füßen liegend, und überall erzählten sie über ihre Inschriften, Zeichen und
Strukturen unterschiedliche Geschichten über ihre Funktion, ihre Umgebung, ihre
Existenz … In Zeiten der globalen Normierung aller möglichen Dinge verlieren
nun auch diese Deckel, Gitter und Kappen ihre topografische Individualität, so
dass so manches Exemplar aus Fabio Zollys Sammlung bald eine Rarität sein wird –
jedenfalls als Dokumentation desselben: Der Künstler sammelte seine Objekte,
indem er sie auf große oder kleine Bögen Papier abrieb.
Als
„Reproduktionen“ wurden sie über den Weg der Kunst zugleich zu Unikaten, was
sie als Originale selten gewesen waren. Zollys Abrieb-Technik war ihrerseits
nicht originär, diente aber anderen Zwecken als jene ihres „Vaters“ Max Ernst:
Während der Surrealist seine Abriebe realer Dinge als die Phantasie anregende
Medien zur Bildgenerierung nutzte,2 blieben Zollys Frottagen solitär
und ohne jede nachträgliche Überarbeitung am Bildträger stehen. Sie selbst
bilden das Bild, das in erster Linie ein Abbild ist. Ein Abbild allerdings mit
sowohl dokumentarischem als auch subjektiv-flüchtigem Charakter: So
„mechanisch“ diese Aufnahmetechnik auch ist, erfolgt sie eben doch manuell.
Zolly bediente sich der Frottage also im Sinne des multiplen
(Be-)Deutungsspektrums seiner Sammelobjekte: Sie bietet Wirklichkeitsnähe, ohne
Foto-Dokument zu sein, sie lässt handwerkliche Arbeit erkennen, ohne eine
Handschrift zu zeigen. Flüchtigkeit und Zufall, die Transitorik des Reisenden
in einem sich stets verändernden urbanen Feld bilden sich hier ebenso ab wie
die menschliche Sehnsucht nach Verewigung durch (möglichst vielfache) Setzung
von Markierungen, Schrift- und Bildzeichen.
So wie
hier liefert uns Fabio Zolly in vielen seiner Arbeiten „Gedächtnisstützen“ samt
Hinweisen auf das stets Temporäre, sich Verändernde und also letztlich nicht
Konservierbare aller Erscheinungen, und er instrumentalisiert zu diesem Zweck
gerne jene Klammern, Bänder und Kartuschen, mithilfe deren der Mensch (seine)
Dinge festzuhalten trachtet. Wie zum Beispiel das Copyright-Zeichen, das an die
per glühendem Eisen in tierische Häute gestempelten „Brandmarks“ erinnert, um im
Zeitalter der industriellen und digitalen Kopierbarkeit zum
Kreisverkehrsinselzeichen im Strom von Fakern und Trickstern zu werden. Zolly
ließ seine monotypischen Kanaldeckeldrucke zum Tattoo mutieren, indem er sie
zunächst (verkleinert) auf Arbeitskleidungstücke von „Blue Collar Workers“
applizierte, um wenig später (ab 1998) alles und jede/n mit seinem eigenen
Copyright-Stempel zu versehen: Körper von Menschen, fotografisch aufgezeichnete
Objekte und Szenarien macht er mittels „Copyright by Fabio Zolly ©“ reihenweise
zu seinem geistigen Eigentum. Und: „do not cross“ steht ergänzend auf seinen
Absperrbändern, die er im (realen) öffentlichen Raum spannt zwischen Palmen am
Meeresstrand oder Andachtsbildern vor Bergkulissen, womit er also ganze Räume
und Regionen seiner Urheberschaft unterstellt. Das heißt auch: Während der
Künstler hier dem Publikum den Zutritt untersagt, ist er selbst (namentlich)
omnipräsent.
Lucas
Gehrmann
In seiner
Installation „Rendezvous mit der Realität Vol 2“ geht es Fabio Zolly um
das Sicht- Hör- und Erlebbarmachen von unterschiedlicher, (persönlich
empfundener) politischer, wirtschaftlicher und kultureller Divergenz.